Gedanken

Die Queste nach dem Notizblock

am 18.09.2021

Ich suchte und suchte. Nein, nicht nach dem Sinn des Lebens. Den habe ich – zumindest für mich – bereits gefunden. Obwohl die philosophische Frage dazu, ob man dem Sinn dann nach dem Finden auch tatsächlich zu folgen vermag, noch immer unbeantwortet bleibt. Was, wenn das eigene Sinnvolle nicht mit der eigenen Realität zusammenpasst? Oder wenn der eigene Sinn des Lebens aus mehreren sinnvollen Teilen besteht, aber nicht alle einen Platz in der eigenen Realität finden? Wie auch immer. Genug philosophiert. Zurück zu einer anderen Suche.

Ich suchte also und suchte. Aber finden konnte ich ihn nicht. Dabei wusste ich genau, wann ich ihn zuletzt geöffnet und gebraucht hatte. Vor knapp zwei Jahren während einer Dienstreise. Die Fahrt im Zug war lang und ich hatte Zeit, meine Gedanken fließen zu lassen. Und sie flossen – in Papier. Das ist tatsächlich die idealste und langlebigste Art des Fließens.

Sie flossen und es entstand ein Teil einer kurzen Geschichte. Irdylion. Dort würde sie spielen. Das Buch, das ich dazu schreiben wollte, hatte ich auch bereits in Ansätzen im Kopf. Aber jetzt, im Zug, hatte ich keine Zeit für ein Buch. Wann hat man schon einmal genug Zeit für ein Buch?

Also sollte es eine kurze Geschichte zum Buch werden. Ein Splitter. Ich wusste, ich hatte einen Teil davon bereits geschrieben. In diesem Zug. In diesen Notizblock. Und nun war er verschwunden. Nicht der Zug – denke ich – sondern der Block.

Ich suchte und suchte und einmal dachte ich sogar, ich hätte ihn gefunden. Er sah genau so aus, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Vorne schwarz und innen kariert. Aber den Teil der Geschichte fand ich darin nicht. Besaß ich zwei identische Blöcke? Wieder machte ich mich auf die Suche. Vergebens.

Und nun, zwei Wochen später und völlig zusammenhanglos, kam mir ein neuer Gedanke. Was, wenn ich vorausgesehen hatte, dass es mir schwerfallen würde, besagten Notizblock später einmal wiederzufinden? Was, wenn ich anderes geplant hatte? Irgendetwas, das es mir erleichtern würde, den Teil meiner Geschichte zu entdecken, um ihn dann zu vollenden? Dieses „später“, das wusste ich damals sicher bereits, das konnte sich hinziehen. Dieses „später“ würde bestimmt nicht allzu bald sein. Und nun, nach knapp zwei Jahren, machte ich mich erneut auf die Suche.

Es brauchte nur einen einzigen Griff. Dort, in dem Hefter, hatte ich da nicht diverse Zettel hineingeschoben, die ich „zum Schreiben“ später einmal noch brauchen konnte? Was, wenn…

Es war. Und ist. Ich halte sie in den Händen. Die handbeschriebenen karierten Blätter, die ich damals in vermeintlich weiser Voraussicht aus meinem Notizblock gelöst und sicher anderweitig verstaut hatte. Total einfach. In einem braunen Hefter, den ich zwischen zwei Ordner geschoben hatte, die auf meinem Schreibtisch standen. An dem Ort, an dem ich mich fast täglich aufhalte. Stundenlang.

Wie also ging die Queste nach dem Notizblock aus? Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich ihn doch bereits im ersten Anlauf gefunden hatte. Auch wenn ich gerade gar nicht mehr weiß, wo ich ihn anschließend …? Nun ja. Und heute fand dann auch die eigentliche Queste ihren Abschluss. Vier kleine Notizzettel, beinahe komplett beidseitig beschrieben, liegen vor mir.

Dann werde ich mal eine neue, vielleicht noch herausforderndere Mission beginnen. Das Entziffern meiner sowieso schon unleserlichen Handschrift, die das Schaukeln eines Zuges wirklich nicht eleganter gemacht hat und die Abschrift des Teils meiner kurzen Geschichte. Möglicherweise habe ich dann auch irgendwann Zeit, sie zu beenden und den Teil zu einer ganzen kurzen Geschichte werden zu lassen. Irgendwann später.

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