Kurze Denkpause – oder auch nicht
am 10.04.2023
Ich bin nicht gut im Nicht-Denken. Das ist wie Loslassen. Die Kontrolle verlieren. Aber auch – gewinnen. Sich selbst, freie Zeit, Freiheit. Ruhe. Im Kopf, im Leben, im Moment.
Wird das Denken überbewertet? Gar nicht. Aber wenn es sich doch bloß auf das richtige Denken beschränken lassen könnte! Das zeitweise, gesteuerte Denken, das sich auch wieder abschalten ließe. Mir fehlt die Stopp-Taste, der Pause-Knopf. Dass wir so etwas nicht haben, gibt mir zu denken. Warum wollte die Evolution einen gedankenvollen Kopf? Weil wir immer zur Flucht bereit sein mussten? Weil wir, um zu überleben, alle möglichen Risiken in jedem einzelnen Moment unseres Lebens durchdenken mussten? Immerzu voller Gedanken, nie gedankenlos?
„Denk dir ein Haus, eine Geschichte, ein Lied…“
„Denk an dies, an das, an jenes…“
Ich bin stets am Denken. Vorwärts, rückwärts, auch häufig im Kreis. Dann nämlich, wenn die Gedanken zu schnell werden und ich den ersten schon wieder vergessen habe, sobald ich beim soundsovielten ankomme. Diesen einen ersten Gedanken, den allerwichtigsten in meiner Gedankenfolge, diesen einen, den ich mir doch unbedingt merken wollte. Vorwärts, rückwärts, im Kreis.
Bewusst, unbewusst, völlig ungebremst und unhaltbar folgt Gedanke auf Gedanke, Schlussfolgerung auf Überlegung und Antwort auf Frage auf Antwort auf Frage.
Hält jemand etwas für undenkbar, blicke ich diesen Jemand nur verständnislos an. Was bitte soll das sein? Etwas Un-denkbares? Undenkbar!
Denkbar ist alles. Leider. Denn manchmal sind Menschen auch bar jeden Denkens. Sie denken, sie wären Vor-denker und denken doch quer. Längs-t-denkende Menschen verdenken es ihnen, denn Querdenkende dächten nicht über sich selbst hinaus, während Längs-t-denkende auch anderer bedenkend gedachten. Gestern, gerade, morgen, schief. Denken ohne und mit Verstand. Unverstandene Gedanken.
Nach-denklichkeit hat noch keinem geschadet. Doch mein immer-denkliches Gedankentreiben schadet mir. Immerzu denkend eile ich weiter und weiter. Wie halte ich inne? Ein Umdenken ist angebracht. Ein In-sich-gehen oder ein Aus-sich-heraus-gehen. Nur weit weg in die eine oder andere Richtung. Weit weg von diesem wunderbaren Netzwerk in meinem Kopf, das so fantastisch, so kreativ, so notwendig und so kontrollierend ist. Wie nur kann ich ihm für eine Denkpause entfliehen?
Gedanken kommen und gehen, kreisen umeinander, verdrängen sich gegenseitig und erfinden oder finden sich neu. Sie werden zu Ideen, zu Geschichten, zu Andenken. Andenken, die an jemanden denken, an etwas, an alles. Aber wie denke ich etwas nicht? Wie lasse ich einen unliebsamen Gedanken verschwimmen, um ihn undeutlich in der Ferne der Vergangenheit zu verlieren? Wie kann ich selbst bestimmen, was ich denken will – und was nicht? Und wie schaffe ich es, mich auf einen wunderbaren Gedanken zu konzentrieren, wenn doch zahllose andere nur darauf warten, ebenfalls von mir bedacht und gedacht zu werden?
Wie nur kann ich mich ein wenig ent-denken, dafür entdecken und einfach nur sein? Wie…?